Stress lass nach: Wie sich Stress auf unseren Körper auswirkt und wie wir ihn messen können

Die Weltgesundheitsorganisation WHO bezeichnet Stress als die gefährlichste Bedrohung der Gesundheit im 21. Jahrhundert. Grund genug, dieses Thema einmal aus medizinischer Sicht zu beleuchten.

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Mavie editorial team

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Gerade in der aktuellen Zeit spielt die mentale Gesundheit eine besondere Rolle. Es gilt, Stressoren zu erkennen und Strategien zu erlernen, damit umzugehen. Wir zeigen, wie sich Stress auf unseren Körper auswirkt und wie wir diesen messen können, um akuten und chronischen Stress festzustellen.

Definition von Stress

Eine allgemeingültige Definition von Stress ist kaum möglich, da jeder Mensch andere Situationen und Gegebenheiten als stressig empfindet. Das können Belastungen und Herausforderungen körperlicher, emotionaler oder psychischer Natur sein, denen man sich nicht gewachsen fühlt und auch Lärm, Hektik oder vermeintlich drohender Kontrollverlust. Genau diese individuelle Wahrnehmung spielt eine maßgebliche Rolle beim Thema Stress. Etwa jeder dritte Deutsche spricht heute in seinem subjektiven Kontext davon, sich permanent gestresst zu fühlen.

Betrachtet man die Evolution, dann hat Stress eine Schutzfunktion, da bei Gefahr und Bedrohung automatische Abläufe aktiviert werden, die gegebenenfalls unser Leben retten konnten. Wenn vor vielen Tausenden Jahren ein gefährliches Tier vor uns stand, musste der Körper blitzschnell in Alarmbereitschaft sein und reagieren können: Flucht oder Kampf? In jedem Fall war dafür eine Höchstleistung nötig. Heutzutage stehen zwar keine Tiger oder Mammuts mehr vor uns und die Stressoren haben sich verändert, jedoch bleibt die Stressreaktion unseres Körpers die selbe.

Im Stressmodell von Lazarus erfolgt durch die genaue Interpretation der Stressoren eine primäre Bewertung der Situation. Sollte diese “gefährlich” ausfallen, folgt die sekundäre Bewertung mittels der Analyse vorhandener Ressourcen. Sollten diese unzureichend sein, empfinden wir Stress. Sind sie in ausreichendem Maß zur Bewältigung vorhanden, bleiben wir gelassen. Dabei werden auch vorhandene Copingstrategien mitbeurteilt und die stressige Situation im Verlauf immer wieder neu bewertet. Also spielt neben objektiven Umständen insbesondere der subjektive Umgang eine maßgebliche Rolle. Stress ist also eine subjektive Wahrnehmung und Evaluation.

Bei Kontakt zu Stressoren empfinden wir Stress, der beispielsweise durch die eigene Ungeduld oder Perfektionismus zusätzlich verstärkt werden kann. Dabei ist es sehr wichtig zu bedenken, dass sowohl äußere als auch innere Stressfaktoren, wie negative Gedanken und Bewertungen, zur Stressempfindung beitragen. Die persönliche Einstellung der Person hat eine maßgebliche Auswirkung, denn sie erlaubt es sowohl Stress zu verstärken, als auch zu vermindern.

Man unterscheidet darüber hinaus Eu- und Distress, wobei Eustress eine gute und förderliche Wirkung haben kann und Distress als der im Volksmund typische Stress eher negative Auswirkungen hat und sogar Krankheiten verursachen kann - insbesondere wenn er langfristig vorhanden ist.

Auswirkungen von Stress auf den Körper

Unser Körper reagiert auf äußeren und inneren Stress mit der Stressreaktion, die verschiedene Ebenen betrifft: körperlich, emotional, mental und auf der Verhaltensebene.

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Die Auswirkungen von Stress können sehr vielfältig sein / DC_Studio

Bei Stress wird der Sympathikus unseres autonomen Nervensystems aktiviert und Stresshormone ausgeschüttet. Der sogenannte Stressmetabolismus umfasst über 20 Reaktionen im Körper. Für einen “Sofort-Effekt” wird blitzschnell Adrenalin freigesetzt, wodurch zentrale Gefäße erweitert, der Blutdruck angehoben und die Herzfrequenz beschleunigt wird. Auch unsere Bronchien werden erweitert, um einen verbesserten Gasaustausch zu ermöglichen. Insgesamt steht unserem Körper dadurch bei akuter Bedrohung und Gefahr mehr Energie zur Verfügung.

Insbesondere bei länger bestehendem Stress wird auch körpereigenes Cortisol in unser Blut abgegeben. Cortisol erhöht den Blutzucker und Fettspiegel im Blut, sodass mehr Energie für Kampf oder Flucht zur Verfügung steht. Dafür zapft der Körper Zuckerspeicher in der Leber an und opfert sogar Muskulatur. Diese wird abgebaut, während viszerales Fett bei Kombination mit ungünstiger Ernährungsweise zunimmt. Das Hormon Cortisol dient also initial der verbesserten Stressbewältigung bis der Organismus zur Erschöpfung kommt und Folgeerkrankungen entstehen können. Das Risiko für Diabetes, das Metabolische Syndrom, Tumor-, und Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Arteriosklerose steigt.

Die Liste der stressbedingten, körperlichen Folgen ist lang. Kurzfristig erhöhen sich im Rahmen der Stressreaktion beispielsweise die Herz- und Atemfrequenz und der Muskeltonus. Langfristig leiden gestresste Menschen oft unter Müdigkeit, Kopfschmerz, Energie- und Leistungsmangel, Konzentrationsschwäche, Nervosität, Schlafstörungen, oder einer gesteigerte Infekt- und Entzündungsanfälligkeit.

Die Denkleistung des Großhirns wird verringert, damit Reflexe (zur Sicherung des Überlebens) ablaufen können, worunter heutzutage jedoch hauptsächlich die kognitive Leistungsfähigkeit leidet. Durch einen lang andauernden, erhöhten Muskeltonus können Verspannungen oder chronische Schmerzzustände entstehen. Neben hormonbedingter Gewichtszunahme wird auch das Hungergefühl unterdrückt, bis abends Heißhungerattacken auftreten und die dann aufgenommenen Kalorien viel schneller gespeichert werden. Zudem geraden diverse Hormone ins Ungleichgewicht, das sexuelle Verlangen nimmt ab und die Zellen altern schneller.

Stressmessung

Als einfachste Option zur Messung des Stressniveaus können psychologisch und wissenschaftlich validierte Fragebögen herangezogen werden. Diese fragen dabei gezielt nach psychischer Belastung, Stressfaktoren und -auslösern, daraus resultierendem Leidensdruck, Symptomen, Reaktionen und Copingstrategien. Einige Scores versuchen außerdem Handlungsempfehlungen abzuleiten, andere werden für spezielle Stress-Arten wie Burnout genauer untersuchen zu können.

Stress bewirkt insbesondere durch die Ausschüttung von Hormonen objektiv messbare Körperreaktionsmuster, die zur (indirekten) Stress-Diagnostik herangezogen werden können. Über Elektroden an Fingern und Handinnenflächen kann der Hautwiderstand beurteilt werden. Dabei wird die elektrische Leitungsfähigkeit der Haut gemessen. Bei schlechter Leitungsfähigkeit ist der Hautwiderstand hoch, bei Stress hingegen wird durch das damit verbundene Schwitzen die Leitungsfähigkeit erhöht und damit der Hautwiderstand verringert. Dieser Methode findet beispielsweise bei Lügendetektoren oder Biofeedback-Training Anwendung. Darüber hinaus kann der insbesondere bei chronischem Stress erhöhte Cortisol-Spiegel im Speichel, Blut oder Urin gemessen werden.

Eine nicht-invasive und weit verbreitete Variante zur Stressmessung ist die Herzratenvariabilitätsmessung (HRV-Messung). Die Messung basiert dabei auf einem durchgeführten EKG, bei dem die Herzfrequenz gemessen wird. Selbst bei einer stabilen Herzfrequenz ist der Abstand zwischen den einzelnen Herzkontraktionen bzw. den damit verbundenen elektrischen Erregungen im EKG nicht exakt konstant und die Zeitabstände zwischen aufeinanderfolgenden Herzschlägen ändern sich minimal. Der Unterschied bzw. die Abweichung der Abstände wird in Millisekunden angegeben und steht für die Herzratenvariabilität (HRV). Je höher die Standardabweichung zwischen den einzelnen EKG-Schlägen ist, desto höher ist die HRV. Je höher die HRV, desto besser. Vereinfacht gesagt bedeutet eine hohe HRV, dass der Körper sich besser und schneller an äußere und innere Einflüsse anpassen kann und somit schneller in einen parasympathisch getriggerten Entspannungs- und Ruhemodus gelangen kann. Aufgrund dessen kann bei einer hohen HRV auf ein aktuell niedriges Stressniveau und andersrum geschlossen werden.

Dabei wirkt sich auch die Atmung auf unsere Herzfrequenz aus: Wenn wir einatmen, wird der Herzschlag ein kleines bisschen schneller und wenn wir ausatmen, etwas langsamer (sog. RSA = respiratorische Sinusarrhythmie). Deshalb wirkt eine langsame, tiefe Atmung wie ein Trigger zur Entspannung, also parasympathisch.

Bei der HRV-Messung können verschiedene Protokolle zur Anwendung kommen: man kann die HRV über 24 Stunden kontinuierlich ableiten oder eine 5-minütige Ruhemessung im Liegen durchführen und diese mit einer weiteren Atemmessung (sog. RSA-Messung, zur Bestimmung der respiratorischen Sinusarrhythmie) kombinieren. Bei der genannten Atemmessung, atmet der Teilnehmer unter Anleitung mit einer sehr langsamen Atemfrequenz von 6 Atemzügen pro Minute, welche sich auf die HRV auswirkt und weitere wertvolle Informationen über den Stresszustand einer Person liefert. Fallen Ruhemessung und Atemmessung gleichermaßen niedrig aus, deutet das Ergebnis auf chronischen Stress hin. Sollte die Ruhemessung eine niedrige HRV Tage fördern, die Atemmessung aber eine höhere, liefert das einen Hinweis auf akuten Stress.

Wenn Du Dein eigenes Stresslevel kennst und Stressoren in Deinem Umfeld bewusst wahrnimmst, kannst Du gezielt Maßnahmen ergreifen, um Dein Stresslevel zu senken. So kannst Du sowohl Deine mentale Gesundheit stärken als auch physische Auswirkungen minimieren.

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