Was Mitarbeiterbefragungen bringen – und was es kostet, wenn man sie versäumt
In vielen Führungsetagen herrscht Skepsis gegenüber Mitarbeiterbefragungen. Dabei ist die Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen sogar gesetzlich verpflichtend – wer sie versäumt, muss mit Strafzahlungen rechnen. Wir haben die wichtigsten Informationen und Praxis-Tipps zum Thema Mitarbeiterbefragungen für HR-Teams zusammengefasst.
Verfasst von:
Mavie Redaktion

“Wer fragt, muss reagieren” – oft besteht in Führungsetagen die Befürchtung, dass durch eine Mitarbeiterbefragung Themen und Bedürfnisse aufkommen, die zu kostspieligen Investitionen (z.B. technische Aufrüstung, erweiterte Mitarbeiterbenefits) führen. Mitunter besteht auch die Sorge, dass in herausfordernden Phasen – z.B. Change-Prozessen – eine Negativspirale entsteht, wenn Kritik transparent geteilt wird und sich dadurch im Team verbreitet.
Für HR-Teams sind Mitarbeiterbefragungen jedoch ein wichtiges Mittel, um Informationen über die Mitarbeiterzufriedenheit, Mitarbeitermotivation, Unternehmenskultur, Konfliktherde sowie Themen wie Stressbelastung und Gesundheitsbedürfnisse (Betriebliches Gesundheitsmanagement) zu erfahren.
Was sind wirkungsvolle Argumente gegen eine Skepsis gegenüber Mitarbeiterbefragungen?
- Es gibt gesetzliche Vorgaben, die erfüllt werden müssen – sonst kann es zu Strafzahlungen kommen.
- Probleme verschwinden nicht, nur weil man sie nicht anspricht.
- Versteckte Probleme wie sinkende Mitarbeiterbindung und steigende Stressbelastung kosten Firmen sehr viel Geld.
- Wer rechtzeitig reagiert, kann kostspielige Folgen (z.B. Fluktuation oder Langzeitkrankenstände) vermeiden bzw. eindämmen. Zur groben Einschätzung dieser Kosten helfen aktuelle Zahlen: Laut Statista betragen die Fluktuationskosten bei Großunternehmen in Österreich im Schnitt 44 % des durchschnittlichen Brutto-Jahresgehalts. Psychisch bedingte Krankenstände dauern im Schnitt 37 Tage (2023) und zählen damit zu den langwierigsten und kostspieligsten Abwesenheiten.
Was sind die gesetzlichen Vorgaben bei der Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen?
In Österreich sind Unternehmen seit 2013 verpflichtet, eine Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen gemäß § 4 und § 7 Abs. 4a des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) durchzuführen. Wenn Unternehmen in Österreich dieser gesetzlichen Verpflichtung nicht nachkommen, drohen mehrere rechtliche und finanzielle Konsequenzen.

Probleme bei Arbeitsinspektion
Das Arbeitsinspektorat prüft die Einhaltung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG). Bei Verstößen drohen nicht nur Geldstrafen, sondern auch behördliche Auflagen zur Nachbesserung, etwa zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung.
Verwaltungsstrafen
Gemäß § 130 ASchG können Verwaltungsstrafen bis zu 10.000 Euro verhängt werden, bei Wiederholung bis zu 20.000 Euro. Diese Strafen richten sich gegen den Arbeitgeber oder gegen verantwortliche Führungskräfte.
Erhöhtes Haftungsrisiko
Kommt es zu psychischen oder physischen Erkrankungen aufgrund nicht evaluierter Belastungen, kann das Unternehmen haftbar gemacht werden – sowohl zivilrechtlich (Schadenersatz) als auch arbeitsrechtlich.
Auswirkungen auf Arbeitsklima und Arbeitgebermarke
Unabhängig von rechtlichen Konsequenzen kann die Vernachlässigung psychischer Belastungen zu folgenden Effekten führen:
- erhöhte Fluktuation
- mehr Krankenstände
- Burnout-Fälle
- Imageschaden als Arbeitgeber
Einem Viertel der Unternehmen in Österreich drohen Strafen
Im Jahr 2022 hat das österreichische Arbeitsinspektorat bei rund 23 % der kontrollierten Betriebe (1.300 von 5.600) Beanstandungen hinsichtlich der Umsetzung der Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen festgestellt.
Wenn Sie als Unternehmen Strafzahlungen und ein erhöhtes Haftungsrisiko vermeiden möchten, sollten Sie sich rechtzeitig um eine professionelle Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen kümmern. Mavie Work unterstützt Sie dabei österreichweit mit erfahrenen Arbeitspsycholog:innen und ISO-zertifizierten Methoden – vereinbaren Sie gleich ein Informationsgespräch!

Warum sind Mitarbeiterbefragungen abseits der gesetzlichen Pflicht so wertvoll?
Mitarbeiterbefragungen sind für HR-Teams auch abseits des ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) ein wichtiges und wertvolles Mittel, um Informationen über die Mitarbeiterzufriedenheit, Stressbelastung sowie Gesundheitsbedürfnisse zu erfahren.
Werden Mitarbeiterbefragungen vor dem Start eines BGM-Programms (z.B. eines EAP-Angebots) durchgeführt und in regelmäßigen Abständen wiederholt, können die Befragungen die Verbesserung der Mitarbeitergesundheit objektiv aufzeigen – die Beweisbarkeit des Effekts von BGM-Maßnahmen ist vor allem in der Argumentation gegenüber der Geschäftsführung wertvoll.
In vielen Unternehmen wird die offizielle Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen mit einer Auswahl an individuellen Fragen kombiniert, die HR wertvolle Einblicke in die aktuelle Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter:innen gibt.
Praxis-Tipps zur Umsetzung von individuellen Mitarbeiterbefragungen
Die Aussagekraft einer Mitarbeiterbefragung hängt maßgeblich von der Beteiligung des Teams ab. Hier sind einige Tipps aus der HR-Praxis, wie Sie Mitarbeiter:innen zur Teilnahme motivieren können:
- kurze, präzise Fragen
- Anonymität der Befragung klar ansprechen, um psychologische Sicherheit zu schaffen
- niederschwelligen Zugang ermöglichen (technische Hürden vermeiden)
- transparente Kommunikation davor und danach: was wurde gefragt, was kam heraus, was wurde daraus gemacht
- sichtbare Ergebnisse & Konsequenzen
Bei der Fragestellung sollten Sie folgende Punkte beachten:
- Nur Fragen stellen, auf die man auch reagieren kann (Handlungsspielraum vorab klären).
- Fragen streichen, wenn unklar ist, was man aus der Antwort lernen will.
- Teilnehmende ernst nehmen – nichts fragen, was folgenlos bleibt.
Außerdem bedenken:
- Haben alle Mitarbeiter:innen Zugang zu technischen Geräten und auch die Zeit, die Befragung in einem ungestörten Raum auszufüllen? Falls nein: Alternativen finden (z.B. Zugangs-Code für private Geräte).
- Offene Fragen geben spannende Einsichten, sind aber sehr zeitaufwendig in der Auswertung (KI ist derzeit noch nicht verlässlich in der Lage, den Tonfall eines Kommentars richtig zu deuten).
Wie oft sollten Evalierungen bzw. Mitarbeiterbefragungen stattfinden?
Es gibt in Österreich keine gesetzlichen Vorgaben, wie oft eine Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen stattfinden muss, empfohlen wird ein Zyklus von 3-5 Jahren. Falls einschneidende Veränderungen im Unternehmen passieren oder vermehrt psychische Belastungen auftreten, sollte die Evaluierung öfter gemacht werden, um Fluktuation und Langzeitkrankenstände rechtzeitig zu vermeiden.
Bei nicht gesetzlich verpflichtenden Mitarbeiterbefragungen empfehlen Expert:innen einen regelmäßigen Rhythmus, zum Beispiel einmal pro Jahr im selben Monat. Dadurch erhält HR wertvolle Einblicke in die Veränderung von KPIs wie Mitarbeiterzufriedenheit oder Stressbelastung.
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